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Dienste wie Repositorien und Forschungsdatenmanagement zur Unterstützung von Forschungsprozessen |
::: {.callout-note title="Zusammenfassung"}
Bibliotheken bieten Dienste für die Wissenschaft im Rahmen des digitalen Wandels von Publikationsprozessen und Open Science an. Dazu gehören in diesem Kapitel vorgestellte Dienste zur Publikation, zur Verwaltung von Forschungsdaten und Forschungssoftware sowie Informationen über Forschungsprozesse. Abschließend werden verschiedene übergreifende Themen wie Zertifikate und Standards und Langzeitarchivierung behandelt.
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Unter forschungsnahen Diensten werden verschiedene Bibliotheksservices zusammengefasst, die Wissenschaftler*innen im gesamten Forschungsprozess unterstützen und die überwiegend im Kontext von digitalem Wandel und Open Science angesiedelt sind (https://www.o-bib.de/bib/article/view/5718). Dazu zählen z. B. Services in den Bereichen [Forschungsdatenmanagement], Bibliometrie sowie verschiedene [Publikationsdienste].
Einige dieser Dienste, z. B. Repositorien für Zeitschriftenartikel, die unter Open-Access-Bedingungen zweitveröffentlicht werden dürfen, gehören schon seit Jahrzehnten zum Dienstleistungsrepertoire wissenschaftlicher Bibliotheken. Inzwischen betreiben größere Einrichtungen zudem oft spezialisierte Repositorien für ein Spektrum verschiedener Objekttypen: Publikationen wie Zeitschriften, Monografien und Sammelbände, sowie Open Educational Resources (OER), Forschungsdaten, Forschungssoftware und mehr. Dazu gehören auch diverse Dienste, die übergreifend den Forschungsoutput bestimmter lokaler oder fachlicher Forschungscommunities besser auffindbar oder messbar machen sollen. Darunter fallen Forschungsinformationssysteme und Dienstleistungen im Bereich von Metriken oder zur Verwaltung von Artikelveröffentlichungsgebühren in Open-Access-Journals (APCs).
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Open Science bezeichnet den Ansatz, wissenschaftliche Forschungsergebnisse, Daten und Methoden frei zugänglich und transparent zu teilen. Teilaspekte davon sind Open Access, Open Data, OER und Open Source. Ziel ist es, die Zusammenarbeit sowie die Reproduzierbarkeit von Forschung zu fördern, Innovationen zu beschleunigen und den gesellschaftlichen Nutzen wissenschaftlicher Erkenntnisse zu maximieren. Dieser offene Ansatz erleichtert es Forschenden weltweit, Informationen frei zu nutzen, zu teilen und weiterzuentwickeln.
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Forschungsförderer und Ministerien erwarten in Deutschland mittlerweile von den Forschungseinrichtungen eine Transformation des Publikationswesens hin zu Open Access und Open Data. Dazu gehören themenbezogene institutionelle Policies, Beratungs- und Schulungsangebote sowie technische Dienste. Auf der Ebene der europäischen Forschungsförderung wird u. a. versucht, durch Initiativen wie CoARA die Maßstäbe der Forschungsbewertung weiterzuentwickeln - weg von klassisch bibliometrischen Indikatoren wie h-Index und Journal-Impact-Factor hin zu einer Würdigung vielfältiger Forschungsergebnisse.
In Abgrenzung zur Dominanz von Großverlagen ist im Bereich der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen darüber hinaus der Anspruch entstanden, Dienste -- bis hin zur Ebene von Entwicklung und Betrieb zugehöriger IT-Infrastrukturen -- durch die Communities der Forschenden selbst zu betreiben. In der englischsprachigen Fachdiskussion sind dazu Begriffe wie "scholar-led publishing" oder "scholar-led conferences" geprägt worden, vgl. exemplarisch hierzu das Scholar-Led.Network Manifesto. Bibliotheken sehen sich hier als vertrauenswürdige, öffentlich finanzierte Dienstleister für die Wissenschaftscommunities.
Der Einsatz von und die aktive Mitarbeit an Open Source-Software ist bei den forschungsnahen Diensten stärker als in anderen Bereichen der Bibliotheks-IT eine Selbstverständlichkeit. Auch die Bedeutung der gemeinschaftlichen Pflege offener Standards, Datenmodelle und Daten-Gemeingüter ist hier besonders ausgeprägt.
Die Veröffentlichung wissenschaftlicher Erkenntnisse ist ein zentraler Bestandteil des wissenschaftlichen Arbeitens. Solange sich dieser Prozess noch in den Geschäftsprozessen klassischer Subskriptionszeitschriften abbildete, befanden sich wissenschaftliche Bibliotheken eher auf der Seite der Medienbereitstellung. Mit zunehmender Stärkung des Open-Access-Gedankens und dem Aufkommen neuer Geschäftsmodelle rückten wissenschaftliche Bibliotheken stärker in die Rolle des*der Unterstützenden und Ermöglichenden. Die Digitalität der gesamten Prozesskette vom Schreiben bis zur Veröffentlichung der Beiträge in teilweise von den Bibliotheken getragenen Infrastrukturen erfordert die Einbindung unterschiedlicher IT-Werkzeuge, die im Folgenden näher beschrieben werden.
Open Access bedeutet, dass wissenschaftliche Literatur kostenfrei und öffentlich im Internet zugänglich ist, sodass Interessierte die Volltexte lesen, herunterladen, kopieren, verteilen, drucken, in ihnen suchen, auf sie verweisen und sie auch sonst auf jede denkbare legale Weise benutzen können, ohne finanzielle, gesetzliche oder technische Barrieren jenseits von denen, die mit dem Internetzugang selbst verbunden sind. Zum ersten Mal wurde dieser Gedanke in der Grundsatzerklärung der Budapester Open-Access-Bewegung formuliert.
Durch die Transformationsprozesse im wissenschaftlichen Publikationswesen weg von den traditionellen Abonnement-Modellen hin zu Open Access sehen sich Bibliotheken zunehmend auch in der Rolle eines*einer Publikationsdienstleistenden. Dies kann einerseits die Gründung eines Universitätsverlages bedeuten, andererseits aber auch die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur für wissenschaftliche Zeitschriften. Begünstigt durch Kostenverschiebung vom Lesen hin Publizieren wird der scholar-led-Ansatz immer gefragter und Bibliotheken müssen in diesem Bereich Expertise aufbauen.
Zur Schaffung einer technischen Infrastruktur für Zeitschriften lässt sich z.B. mit der Software Open Journal Systems (OJS) eine Plattform zur Verfügung stellen, welche die strukturierte Veröffentlichung von Zeitschriften(-artikeln) ermöglicht. Parallel dazu müssen auch die erforderlichen Abläufe und Organisationsstrukturen angepasst werden. Personelle Ressourcen müssen hier ebenso bedacht werden. In erster Linie gilt es, die Herausgeber*innen-Teams der Zeitschriften zu unterstützen. Gleichzeitig sollte die Bibliothek auch technischen Support für einreichende Autor*innen bieten. Der Funktionsumfang von OJS ermöglicht es auch, einen Workflow für den Peer-Review-Prozess abzubilden. Auch hier liegt Potenzial für die Unterstützung durch Bibliotheken. Wichtig ist somit ein Überblick über den Gesamtprozess des wissenschaftlichen Publizierens und nicht nur die Software-Aspekte. Für die Publikation von Monographien gibt es z.B. mit Open Monograph Press (OMP) eine Software, die von der gleichen Organisation wie OJS angeboten und weiterentwickelt wird.
Parallel dazu entwickeln sich derzeit alternative Publikations-Plattformen wie Preprint-Dienste, (Micro-)Blogs, Data Journals und ähnliche Dienste, die traditionelle Publikationswege wie peer-reviewte Journals ergänzen, siehe dazu auch die entsprechende Publikation der Initiative Knowledge Exchange. Hier können Bibliotheken ebenso in die Rolle des*der Dienstleistenden treten, Instanzen geeigneter Open-Source-Software hosten und diese Entwicklung unterstützen. Dies kann auch im Zusammenhang mit der externen Kommunikation von Bibliotheken (siehe @sec-kommunikation) betrachtet werden. Ergänzend gibt es zahlreiche weitere Dienste, die das Open-Access-Publizieren vor allem administrativ unterstützen, von denen im Folgenden einige kurz erläutert werden.
Neben der Unterstützung bei Open-Access-Veröffentlichungen haben sich im Zusammenhang mit der Open-Access-Transformation weitere IT-Dienste in Bibliotheken entwickelt.
Da im Sinne der "scholar-led infrastructure" zunehmend Universitätsverlage gegründet werden, existieren hier auch eigene Software-Lösungen für die Verwaltung der Titel, Lagerbestände, Kund*innen-, Adress- und Versanddaten. Häufig ist ein eigener Webshop mit entsprechenden Funktionalitäten integriert und es gibt Schnittstellen zur Buchhaltung und Auslieferung. Für kleinere Verlage reicht vermutlich ein einfacher Webshop aus; Spezialsoftware kann verlagsspezifische Anforderungen allerdings besser abbilden. Betrieb und Administration der Programme gehören mit in das zugehörige Dienstleistungsportfolio.
Publikationsfonds zur Finanzierung von Open-Access-Publikationen sind an vielen wissenschaftlichen Bibliotheken fest verankerte Hilfsmittel, um die Transformation des wissenschaftlichen Publikationswesens hin zu Open Access zu unterstützen. Durch sie werden anfallende Article Processing Charges (APC) entsprechend vorgegebener Kriterien der Einrichtung (mindestens anteilig) zentral gezahlt. Zum Monitoring der entstehenden Kosten ist häufig eine Tabellenkalkulationssoftware ausreichend. Für einen Vergleich verschiedener Einrichtungen und ein einheitliches Reporting existieren jedoch Services wie OpenAPC. Zur einheitlichen Darstellung aller Publikationskosten hat sich mit OpenCost ein xml-Metadatenschema etabliert.
Sollen Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammengeführt werden oder ein Abgleich gegen externe Datenbanken stattfinden, ist OpenRefine ein geeignetes Werkzeug: Über offene Schnittstellen können Datensätze sowohl erweitert als auch beispielsweise in Wikidata exportiert werden. Hierbei ist keine zentrale Installation notwendig. Die Software wird lokal auf den Endgeräten ausgeführt. Lediglich eine korrekte Einstellung der Firewall, um die Kommunikation mit externen Datenbanken zu ermöglichen, gilt es zu beachten.
Neben den üblichen Fragen zu Lizenzen bei Open-Access-Publikationen spielt auch die Wahl eines geeigneten Journals eine zentrale Rolle. Derzeit verbreitete Journal-Finder-Werkzeuge wie B!SON oder der oa.finder greifen für die Journal-Daten zwar beide auf das Directory of Open Access Journals (DOAJ) zu, verfolgen jedoch unterschiedliche Ansätze. Der oa.finder zeigt eine Liste von Zeitschriften mit Filteroptionen und den jeweiligen Förderbedingungen an. Diese werden aus bestehenden Transformationsverträgen abgeleitet und enthalten keine spezifischen Förderbedingungen. B!SON bietet teilnehmenden Einrichtungen die Möglichkeit, eine eigene Liste mit Förderbedingungen zu hinterlegen. Treffer werden direkt mit den korrekten Förderbedingungen angezeigt. Zu diesem Zweck muss ein Web-Backend entsprechend der Vertragssituation gepflegt werden.
Zentral für die Veröffentlichung jedweder Art von wissenschaftlichem Output ist ein geeigneter Ort für deren Veröffentlichung, ganz besonders im Hinblick auf die zunehmende Datengetriebenheit der Wissenschaften.
Heute haben sich Open-Access-Repositorien als verlässliche Speicherdienste für wissenschaftliche Ergebnisse etabliert, seien es Forschungsdaten, textuelle sichergestellt werden, dass publizierte Ergebnisse in der veröffentlichten Form erhalten werden, d. h. nicht verändert oder gelöscht werden. Da Internetadressen als flüchtig gelten, werden zur Identifikation Persistent Identifier-Systeme eingesetzt. Die Zitierfähigkeit und damit der langfristige, möglichst originalgetreue Erhalt der einmal eingestellten Informationen grenzen Repositorien gegenüber anderen Arbeitsplattformen wie Sync-and-Share-Plattformen (z. B. Nextcloud), Content-Management-Systemen (CMS) zur Erstellung von Blogs und Internetseiten sowie virtuellen Forschungsumgebungen mit integrierten Funktionen z. B. für die Datenanalyse ab.
Es lassen sich grundlegend zwei Typen von Repositorien unterscheiden: Disziplinspezifische Repositorien sammeln die Inhalte einer bestimmten Forschungsdisziplin (Suche nach Disziplin möglich über re3data), während generische Repositorien Inhalte unterschiedlicher Disziplinen aufnehmen (z. B. Zenodo). Einen Sonderfall fachübergreifender Repositorien bilden institutionelle Repositorien, die speziell für die Mitglieder der jeweiligen Institution zur Verfügung stehen. Einige Repositorien widmen sich gezielt der Sammlung bestimmter Datentypen (z. B. Preprint- oder Publikationsserver, Forschungsdatenrepositorien, Bilddatenbanken etc.). Insbesondere im Bereich Forschungsdaten und OER gibt es seitens der Nutzenden häufig den Wunsch, dass in Repositorien eine interaktive Arbeit mit den Materialien möglich ist. Derzeit sind Repositorien in der Regel noch ausschließlich auf die sichere Speicherung und Bereitstellung der Inhalte ausgerichtet - eine Erweiterung um Funktionalitäten z. B. zur Visualisierung oder Analyse würden sie in die Nähe von virtuellen Forschungsumgebungen rücken. Häufig werden Repositorien und Repositoriensoftware zudem mit der digitalen Langzeitarchivierung als Kernfunktionalität in Verbindung gebracht - aus Sicht von Repositorien-Betreiber*innen und -Entwickler*innen handelt es sich bei der digitalen Langzeitarchivierung allerdings eher um eine Spezialfunktionalität, die nur für bestimmte Nutzungsszenarien relevant und daher auch nicht in allen Repositorien gegeben ist. Mit dem proprietären System Rosetta und der Open Source-Lösung Archivematica seien hier nur zwei Beispiele für Systeme genannt, die sich auf den Erhalt von Informationen im Sinne der Langzeitarchivierung spezialisieren.
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Der Begriff Repository bzw. Repositorium wird in diesem Kapitel vorwiegend für Plattformen verwendet, in denen Forschungsergebnisse dauerhaft archiviert, beschrieben, auffindbar und zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus wird der Begriff Repository auch für Versionsverwaltungssysteme wie Git verwendet, die vorwiegend von Softwareprojekten genutzt werden, um es einer geschlossenen oder offenen Community zu ermöglichen, transparent und konfliktfrei zur Codebasis des jeweiligen Projekts beizutragen. U. a. Zenodo erlaubt über eine Schnittstelle zum Code-Verwaltungssystem GitHub die Archivierung von Softwareprojekten und ähnlichem entsprechend den Konventionen von Repositorien für Forschungsergebnisse, einschließlich der Vergabe von Digital Object Identifiers (DOIs).
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Das Open Directory of Open Access Repositories (OpenDOAR) stellt Statistiken über die Verbreitung von Softwarelösungen für Repositorien für Forschungsergebnisse bereit: Meistgenutztes System weltweit ist DSpace, das auch in Deutschland zunehmend Verbreitung findet. Während DSpace vor allem von Universitäten eingesetzt wird, ist bei Fachhochschulen und Hochschule für Angewandte Wissenschaften OPUS stark verbreitet, das meist durch den Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg (KOBV) oder das Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ) gehostet wird. Der Gemeinsame Bibliotheksverbund (GBV) bietet mit MyCoRe eine weitere Repositoriensoftwarelösung an. OPUS und MyCoRe finden bislang ausschließlich im deutschsprachigen Raum Anwendung, während DSpace von einer globalen Community getragen wird. Für Forschungsdatenrepositorien kommen DSpace und die auf Forschungsdaten spezialisierte Software Dataverse zum Einsatz.
Die digitale Transformation hat Forschungsprozesse grundlegend verändert: In zahlreichen Fachdisziplinen entstehen an Forschungseinrichtungen täglich große Mengen digitaler Daten, die als Forschungsgegenstand dienen, angereichert, analysiert oder visualisiert werden. Dabei stehen Wissenschaftler*innen vor der Herausforderung, diese Daten nicht nur zu verwalten, sondern sie auch langfristig und nachvollziehbar vorzuhalten und möglichst offen zur Nachnutzung zur Verfügung zu stellen. Maßgeblich sind hierfür die sogenannten FAIR-Prinzipien, denen zufolge Forschungsdaten auffindbar (findable), zugänglich (accessible), interoperabel (interoperable) und nachnutzbar (reusable) sein sollen (vgl. https://doi.org/10.1038/sdata.2016.18).
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Forschungsdaten sind alle digital vorliegenden Daten, die während des Forschungsprozesses entstehen (z. B. Messdaten, Laborwerte, Videoaufnahmen, Umfrageergebnisse). Klar davon abzugrenzen sind Forschungsinformationen. Der Lebenszyklus von Forschungsdaten beinhaltet die Erstellung, Speicherung, Archivierung bis hin zur Löschung aussortierter Daten.
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Die Schnittmenge von Forschungsdaten und Forschungsinformationen liegt, wie in @fig-fis-fdm dargestellt, im Bereich Publikationen. Während sich allerdings Forschungsinformationen eher auf klassische, kontrolliert publizierte Dokumente beziehen, geht die Publikation von Forschungsdaten weit darüber hinaus und schließt alle Formen von Aufzeichnungen wie Notizen, Zwischenergebnisse und Forschungssoftware mit ein.
Services zum Forschungsdatenmanagement (FDM) sollen Wissenschaftler*innen beim Umgang mit ihren Forschungsdaten unterstützen, und zwar über den gesamten Forschungsdaten-Lebenszyklus hinweg, d. h. von der Datenplanung über die Datenerhebung und -analyse bis hin zur Datenarchivierung, -publikation und -nachnutzung. Bibliotheken nehmen beim Aufbau und Betrieb entsprechender Services eine zentrale Rolle ein - in aller Regel sind sie hierbei nicht die einzigen Akteur*innen, sondern das Serviceportfolio wird arbeitsteilig von Bibliotheken, Rechenzentren, Forschungsabteilungen und ggf. weiteren Akteur*innen angeboten. Angesichts der großen Heterogenität disziplinspezifischer Datentypen gelangen diese in aller Regel fachübergreifenden FDM-Dienste häufig an ihre Grenzen: Diese Erkenntnis ist konstitutiv für die seit 2020 im Aufbau befindliche Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI), in der fachspezifische und institutionsübergreifende Dienste entwickelt werden. In diesem Zusammenhang entwickeln sich derzeit neue Berufe wie Data Steward oder Data Librarian, die fachspezifische Unterstützung beim FDM leisten und entweder zentral an den FDM-Servicestellen oder dezentral in Projekten oder Fachbereichen angesiedelt sind.
Die von Bibliotheken angebotenen Services zum FDM umfassen in der Regel sowohl nicht-technische Services (z. B. Schulungs- und Beratungsangebote) als auch verschiedene technische Dienste. Zu den wichtigsten technischen Diensten für das FDM, die von Bibliotheken (mit-)betrieben werden, gehören Repositorien für Forschungsergebnisse. Diese ermöglichen die Veröffentlichung von Forschungsdaten als eigene Informationsobjekte gemäß den FAIR-Prinzipien Daneben werden häufig weitere FDM-Tools angeboten, von denen einige im Folgenden vorgestellt werden.
Um den Umgang mit Forschungsdaten über ein komplettes Projekt zu beschreiben, hat sich der Datenmanagementplan (DMP) als geeignetes Format erwiesen. Derartige Pläne werden zunehmend von Forschungsförderern bei der Antragstellung oder in der Frühphase des Projekts erwartet. Sie basieren häufig auf für die Förderlinie bzw. das Fachgebiet spezifischen Fragenkatalogen. Durch die einheitlichen Fragelisten und fest definierte Ausgabeformate lässt sich so ein menschen- und maschinenlesbares Dokument generieren. Um diese Fragenkataloge einheitlich zur Verfügung zu stellen und ggf. mit einrichtungs- oder programmspezifischen Daten anzureichern, wurden bereits einige Software-Werkzeuge entwickelt. In Deutschland verbreitet einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt entstandene Research Data Management Organizer (RDMO), für den, unterstützt durch NFDI-Konsortien, ständig neue Fragenkataloge in einer Gemeinschaftsarbeit entwickelt werden. Obwohl einige öffentliche Instanzen der Software existieren, die z. B. einen Login über die ORCID ermöglichen, kann die Open-Source-Software auch selbst gehostet und inhaltlich sowie visuell auf die Bedarfe der jeweiligen Einrichtung zugeschnitten werden. DMP können innerhalb dieser Software kollaborativ erstellt werden, indem Personen als Mitarbeitende in das eigene Projekt eingeladen werden. Für EU-Projekte ist mit Stand 2023 die Software ARGOS verfügbar, die eine direkte Einbindung der DMP in die European Open Science Cloud (EOSC) ermöglicht. Für Software als Forschungsdatum beginnen sich Softwaremanagementpläne zu etablieren.
Die Dokumentation der Forschungsergebnisse ist ein zentraler Punkt im Forschungsdaten-Lebenszyklus. Digital entstandene Daten sollten ohne Medienbruch mit ihrer Dokumentation verknüpft und zugehörige Metadaten erfasst werden. Hierzu gibt es eine Reihe dedizierter Software-Lösungen, die unter dem Begriff elektronische Laborbücher (abgekürzt häufig ELN von electronic laboratory notebook) zusammengefasst werden. Neben kommerziellen Programmen wie LabFolder, bei denen Bibliotheken eher in der Rolle des*der Vermittelnden sind, gewinnen Open-Source-Lösungen zunehmend an Bedeutung. Diese können Bibliotheken auf eigenen Servern hosten und selbst administrieren, sind jedoch bei der Entwicklung neuer Features auf eine Community bzw. den*die Entwickler*in oder eigene Fachkräfte angewiesen. Beispiele sind hier eLabFTW für generische ELN bzw. Chemotion für eine eher fachspezifische Lösung. Eine Handreichung zur Einführung eines ELN an der eigenen Einrichtung wurde 2023 von einer einrichtungsübergreifenden Autor*innengruppe erstellt. Open-Source-ELN erfahren häufig Unterstützung durch NFDI-Konsortien. Der daraus entstandene Wunsch eines einheitlichen Transferformats der Laborbucheinträge und gemeinsamer Spezifikationen wird im ELN Consortium adressiert. Hilfestellung bei der Auswahl eines passenden Produkts bietet z. B. der ELN-Finder.
Als freie Software zur Versionsverwaltung ist Git ein Standardtool der Softwareentwicklung geworden. Durch einfache Befehle auf der Kommandozeile oder zusätzlich installierte Software mit grafischem Interface lassen sich textuelle Daten auf dem eigenen System mit einem externen (Code-)Repositorium abgleichen, das die notwendigen Protokolle versteht. Neben dem großen Anbieter GitHub gibt es die lokal zu installierende Software GitLab, um ein solches Repositorium in der eigenen IT-Infrastruktur bereitzustellen. Durch die im Protokoll integrierte Versionskontrolle der Daten lassen sich Änderungen im Code einfach nachvollziehen und ggf. zurückrollen. Kollaborative Arbeit in verteilten Teams wird z. B. über eine parallele Entwicklungsstruktur in "branches" ermöglicht, die mit dem Hauptprojekt zu einem gewünschten Zeitraum zusammengeführt werden können. Bei diesem Funktionsumfang wird schnell klar, dass Git auch jenseits der forschungsnahen Dienste eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten hat. Die Einbindung in eigene Services wird von @Cyra2022 am Beispiel der Landesinitiative FDM.NRW erläutert. Eine Möglichkeit, die Funktion der Software spielerisch zu erkunden, bietet beispielsweise die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Webseite ohmygit.org.
Forschungssoftware lässt sich, nicht nur wegen der Verwaltung mit Git oder ähnlichen Programmen, nicht einfach komplett analog zu den Forschungsdaten behandeln, sondern bedarf eines genaueren Blicks.
Bei der Betrachtung von Forschungsprozessen setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass auch die dabei zum Einsatz kommende Software ein Teil der Forschungsdaten ist (@Grossmann2023). Dies ist häufig kein kommerziell erhältliches Produkt, sondern ein speziell auf das Forschungsproblem zugeschnittener, selbst programmierter Code. Wird derartige Software nicht korrekt gesichert, versioniert und dokumentiert, leidet die Reproduzierbarkeit von Forschungsdaten. Komplexe externe Probleme wie prekäre Beschäftigungsverhältnisse können zusätzlich zum Verwaisen von Softwareprojekten führen, wenn diese nur lokal durch einzelne engagierte Personen vorangetrieben wurden. Zusätzlich führt eine Veröffentlichung der Forschungssoftware zu einer Auffindbarkeit und Zitierbarkeit, sodass diese zum wissenschaftlichen Output der Forschenden einen signifikanten Beitrag leisten kann. Aus der Wissenschaft getriebene Vereinigungen wie de-RSE e. V. treten als Vereinszweck für den Stellenwert von Forschungssoftware ein. Auch die FAIR-Prinzipien sollten für Forschungssoftware Anwendung finden (@Barker2022). Hier liegt es auch an den Bibliotheken, ein Bewusstsein dafür zu schaffen (z. B. durch dedizierte Policies) und die benötigte Infrastruktur bereitzustellen.
Zur Zitierbarkeit von Forschungssoftware/Code dient die Generierung von entsprechenden Metadaten, etwa über https://codemeta.github.io/ und CITATION.cff, um menschen- und maschinenlesbare Zitierinformationen für Software und Datensätze angeben zu können. Ein entsprechendes Beispiel ist die Datei CITATION.cff im Quelltext dieses Handbuchs.
Die Bereitstellung eines Coderepositoriums, in der Regel über Git, sollte zum Standardangebot zählen. Für eine interaktive wissenschaftliche Datenauswertung bietet sich zusätzlich der Betrieb eines JupyterHub an. Dieser ermöglicht die Nutzung von Jupyter Notebooks auf einem zentralen Server der Einrichtung und ist so nicht abhängig von den jeweiligen Rechenleistungen der verfügbaren Endgeräte. Zusätzlich sollte geprüft werden, inwiefern eine Archivierung der Software bzw. eines gesamten Repositoriums in der eigenen Infrastruktur nötig und sinnvoll ist. Anbieter wie Software Heritage bieten eine Archivierung auf externen Servern an. Zumindest in diesem Fall ist es als UNESCO-Projekt als geeignete Alternative zu betrachten.
Die Verknüpfung der im Gesamtprozess entstehenden Metadaten mit Systemen wie dem Forschungsinformationssystem (FIS) oder Forschungsdatenrepositorien hinsichtlich der Auffindbarkeit dieser wissenschaftlichen Ergebnisse ist ein Punkt, der eine Betrachtung der kompletten Toolchain notwendig macht.
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Forschungsinformationen sind Angaben über Aktivitäten, Ergebnisse und Infrastrukturen von Forschungsprozessen wie z. B. Projekte, Publikationen und Forschungseinrichtungen. Davon zu unterscheiden sind Forschungsdaten.
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Neben Forschungsdaten gewinnt auch die strukturierte Erfassung von Forschungsinformationen an Bedeutung. Entsprechende Systeme werden Forschungsinformationssysteme (FIS) genannt. Dabei handelt es sich um Datenbanksysteme, die speziell für die Erfassung, Organisation, Speicherung und Verknüpfung von Forschungsinformationen konzipiert wurden. Sie können interne Anwendungen wie die leistungsorientierte Mittelvergabe unterstützen und für die Außendarstellung der Einrichtung genutzt werden. Eine Übersicht von Forschungsinformationen und ihre Sicht auf Forschungsdaten gibt @fig-fis-fdm.
FIS führen Informationen zusammen, die dezentral in verschiedenen hochschulinternen Systemen (z. B. Drittmittelverwaltung, Personalverwaltungssysteme, Repositorien) und externen Quellsystemen (z. B. Scopus, ORCID) vorgehalten werden, um einen strukturierten und aktuellen Überblick über die Forschungsleistungen beispielsweise einer Einrichtung, eines (Bundes-)Landes oder einer Fachdisziplin zu gewinnen.
Die genauen Daten, die Nutzung der Daten und der Funktionsumfang eines FIS sind nicht festgelegt bzw. klar definiert. Verschiedene Softwarelösungen verfolgen unterschiedliche Ansätze. Bei einige steht die Auffindbarkeit von Forschungsergebnissen und deren Verknüpfung mit den Forschenden im Vordergrund, andere Systeme fokussieren eher auf dem Berichtswesen und Monitoring und ggf. darauf aufbauende Anreizsysteme. Wiederum andere Systeme legen den Schwerpunkt auf die Präsentation der Forschungsaktivitäten und deren öffentlichkeitswirksamen Bereitstellung . Die Systeme passen sich zunehmend aneinander an bzw. werden die Funktionen immer häufiger in einem System kombiniert.
FIS sollten von Anfang an als Daueraufgabe einer Einrichtung betrachtet und entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen eingeplant werden. Bei der Einführung eines FIS handelt es sich um ein langjähriges Organisationsentwicklungsprojekt, das eine Offenheit für Veränderungen in den Prozessen und Workflows der Einrichtung voraussetzt.
Eine zentrale Herausforderung beim Aufbau eines FIS besteht darin, einen Überblick über die bestehenden Quellsysteme der Einrichtung zu gewinnen. In diesem Zusammenhang ist zu ermitteln, welche internen und externen Systeme relevant sind und wer die entsprechenden Ansprechpersonen an der Einrichtung sind. Dies betrifft u. a. die Bibliothek (z. B. Repositorien), die Personalverwaltung (Identitätsmanagement), die Drittmittelverwaltung (Datenbank für Projekte), die Doktorand*innenverwaltung oder die Patentverwaltung der Einrichtung.
Neben der Identifikation der relevanten Datenquellen stellt die Integration der Daten in das FIS meist die größte Herausforderung dar. So muss zum einen für fehlende oder ungeeignete Schnittstellen eine Lösung gefunden werden. Zum anderen variieren Qualität und Konsistenz der vorhandenen Daten mitunter stark, was zusätzliche Zeit für die Datenbereinigung und -konvertierung erfordert. Gleichzeitig ist die Sicherstellung der Datenintegrität und -qualität von entscheidender Bedeutung, um zu gewährleisten, dass das FIS korrekte und aussagekräftige Informationen liefert.
Der Markt für FIS-Software ist sehr dynamisch. Vor dem Hintergrund, dass sich gerade viele Forschungseinrichtungen in der Planungs- und Aufbauphase von FIS befinden, kommen in Deutschland immer neue Softwarelösungen zum Einsatz. Es zeigt sich ein vielgestaltiges Bild aus kommerziellen Produkten (z. B. PURE, Converis, HISinOne-RES), Open Source-Lösungen (z. B. DSpace-CRIS, VIVO) und Eigenentwicklungen. An deutschen Forschungseinrichtungen wird mittlerweile häufig HISinOne-RES genutzt - befördert u. a. durch Landesinitiativen wie CRIS.NRW, HeFIS oder FIS-Thüringen sowie den Umstand, dass es aktuell das einzige Produkt am Markt ist, dessen Datenmodell direkt am Kerndatensatz Forschung (KDSF) ausgerichtet ist. Obwohl sich ein Rückgang an Eigenentwicklungen andeutet, sind sie immer noch weit verbreitet. Des Weiteren gibt es die bereits lange etablierten kommerziellen Systeme Converis und PURE. Der Einsatz von Open Source-Lösungen wie DSpace-CRIS und VIVO nimmt erst in den letzten Jahren merklich zu -- u. a. befördert durch das Verbundprojekt Hamburg Open Science.
An vielen Einrichtungen besteht das Bestreben, dass das FIS zusätzlich die Funktionalität eines Repositoriums übernehmen soll. Ein Vorteil eines solchen vereinigten Systems wird zum einen in den geringeren Systemkosten gesehen, zum anderen erscheint es weniger aufwendig, die bibliografischen Einträge in einem FIS schlicht mit den dazugehörigen Dateien anzureichern statt einen Workflow für das Zusammenspiel zwischen FIS und Repositorium zu entwickeln. Dem entgegen stehen die verschiedenen Zielsetzungen beider Systeme: Während es bei einem FIS vor allem darum geht, möglichst alle Forschungsaktivitäten z. B. einer Einrichtung in einem System zu erfassen, steht bei einem Repositorium die nachhaltige Bereitstellung der Ressourcen selbst im Vordergrund (z. B. textuelle Publikationen oder Forschungsdaten). Ein Problem bei Mischsystemen ergibt sich auch hinsichtlich Retrieval und Zugriff: So werden Forschende bei einer Suche in externen Suchmaschinen z. B. erst im FIS feststellen, dass nur bei einem Teil der Treffer tatsächlich Zugang zu den Ressourcen selbst besteht, sie in den meisten Fällen jedoch lediglich Nachweise der Ressourcen finden. In der Praxis sind FIS-Repositorien-Mischsysteme dennoch aufgrund von Ressourcenknappheit nicht wegzudenken (@Schirrwagen2022).
Nichtsdestoweniger sind die Publikationsdaten ein wichtiger Bestandteil jedes FIS. Aus diesem Grund ist das FIS eine gute erste Anlaufstelle, um interne bibliometrische Recherchen über den Output der eigenen Forschenden durchzuführen. Darüber hinaus sind primär Anfragen in externen Datenbanken als ergänzende Arbeitsschritte notwendig.
Um eine Interoperabilität der unterschiedlichen Systeme und eine gute Auffindbarkeit der enthaltenen Ressourcen zu ermöglichen, ist eine Standardisierung notwendig - z. B. über Zertifikate, Metadatenstandards und Schnittstellen, wie sie unter anderem von den Arbeitsgemeinschaften des DINI e.V. (Deutsche Initiative Netzwerkinformation) vorangetrieben werden. Die in diesem Zusammenhang wichtigen Grundlagen werden in den folgenden Abschnitten erläutert.
Forschungsnahe Dienste bewegen sich an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Infrastruktureinrichtungen, welche die Dienste betreiben. Zertifikate erfüllen in diesem Zusammenhang verschiedene Funktionen. Sie sind als vertrauensbildende Maßnahmen gedacht, die Qualitätsmerkmale der Dienstleistungen sein sollen. Das DINI-Zertifikat für Open-Access-Publikationsdienste versteht sich seit jeher auch als Ratgeber bei Einrichtung, Weiterentwicklung und Betrieb solcher Dienstleistungen, der "Maßstäbe, Richtlinien und Best Practices" vermitteln will. Letztlich dienen Zertifikate auch dem Schaffen von Standards, welche die Interoperabilität der Dienste ermöglichen. Neben dem DINI-Zertifikat sind in Bezug auf forschungsnahe Dienste das Core Trust Seal sowie das Nestor-Siegel für vertrauenswürdige digitale Langzeitarchive zu nennen. Während es mit der DIN Norm 31644 (auch als ISO Norm 16363 verbreitet) "Information und Dokumentation - Kriterien für vertrauenswürdige Langzeitarchive" eine offizielle Norm für die Bewertung der Vertrauenswürdigkeit von Langzeitarchiven gibt, werden die meisten Standards in diesem Bereich eher als Best Practices oder Konventionen, denn als offizielle Normen eingeführt. Unabhängig von der Frage, ob Zertifikate als vertrauensstiftend eingeschätzt werden, lohnt es sich, die Dokumentation der Zertifikate als Ratgeber oder Checkliste zu nutzen; sowohl beim Aufbau neuer Dienste als auch zur regelmäßigen Überprüfung des eigenen Dienstes mit Blick auf neue Entwicklungen und Optionen eigene Dienste weiterzuentwickeln.
Schon im Bethesda Statement on Open Access Publishing taucht das Stichwort Interoperabilität in Zusammenhang mit Repositorien auf. Dazu gibt es verschiedene technische Ansätze (siehe u. a. unten "Schnittstellen"). Neben den technischen Voraussetzungen, um Inhalte zu teilen, braucht es jedoch auch eine Einigung über die inhaltliche Aufbereitung der Informationen. Repositorien nutzen dazu strukturierte Metadaten. Für die Bezeichnung von Dokumententypen haben die DINI AG Elektronisches Publizieren und die DINI AG Forschungsinformationssysteme das Gemeinsame Vokabular für Publikations- und Dokumenttypen herausgegeben. Im Sinne der Standardisierung enthält das DINI-Zertifikat weitere Vorgaben, wie z. B. die Klassifizierung nach zumindest den Dewey-Dezimalklassifikations-Sachgruppen (DDC) der Deutschen Nationalbibliografie und macht Vorgaben an die Ausgestaltung des Open Archives Initiative Protocol for Metadata Harvesting (OAI-PMH). Diese Standards ermöglichen es Diensten wie z. B. der Bielefeld Academic Search Engine und anderen Aggregatoren Inhalte aus verschiedenen Quellen einzubinden, Metadaten maschinenlesbar zu erhalten und nachzunutzen.
Metadaten sind Daten struktureller, technischer, administrativer, bibliografischer und deskriptiver Natur, die Daten beschreiben (siehe @sec-metadaten). Metadatenstandards und -schemas definieren, welche Inhalte in Metadaten erfasst werden, also welche Metadatenfelder existieren und mit Werten belegt werden können. Ein sehr einfaches Metadatenschema bilden die Dublin Core Element (kurz Dublin Core). Im Rahmen der DOI-Registrierung werden auch Metadaten erhoben. Das DataCite Schema hat sich dabei als ein wichtiges Metadatenschema etabliert, das auch unabhängig von DOIs zur Beschreibung von Forschungsdaten genutzt wird. Darüber hinaus entwickeln die verschiedenen Fachdisziplinen eigene domänenspezifische Standards. Eine Aufgabe wissenschaftlicher Bibliotheken besteht in der Beratung bei der Auswahl geeigneter Metadatenschemata und Standards. Übersichten gibt es unter Anderem bei FAIRsharing.org, forschungsdaten.info und format.gbv.de.
Mit dem Aufkommen elektronischer Archive kam die Frage nach der Zitierbarkeit auf. Auch wenn die technischen Protokolle, auf denen das Internet basiert, sowohl im Domain Name System (DNS) als auch http(s) Mechanismen enthalten, um URLs weiterzuleiten, bekamen URLs schnell den Ruf, flüchtig zu sein. Auch wenn URLs, die nicht mehr oder auf andere Inhalte auflösen, immer auf Managementprobleme zurückgehen, wurden Persistent Identifier-Systeme geschaffen, welche diese Probleme beim Zitieren elektronischer Quellen überwinden sollen. Dabei werden IDs geschaffen, die über einen sogenannten Resolver aufgelöst werden können. Der Resolver ist vergleichbar mit einem Melderegister: Man kann nach der aktuellen Adresse einer ID fragen und erhält die jeweils aktuelle URL zurück, unter der sich die Ressourcen befinden sollen. Die Antworten können also zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedlich ausfallen.
Während die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) bis heute auf URN:NBN als Persistent Identifier (PID) setzt, haben sich im wissenschaftlichen Umfeld DOIs für die Identifikation von Artikeln, Daten und anderen Inhalten durchgesetzt. In Deutschland kommen dabei vor allem die DOI-Registrierungsagenturen DataCite und CrossRef zum Einsatz. Beide vergeben DOIs sowohl für textuelle Publikationen als auch für Datensätze und andere Inhalte. Von der technischen Einbindung her ist DataCite moderner aufgestellt und leichter zu integrieren. Mit ORCID und ROR gibt es inzwischen weitere PID-Systeme, die zunehmend Verbreitung finden und Personen bzw. Einrichtungen eindeutig identifizieren.
Die Vergabe von PIDs für Publikationen (z. B. Texte, Forschungsdaten) auf Publikationsservern bzw. Datenrepositorien wird teilweise von den wissenschaftlichen Bibliotheken gewährleistet. Somit werden Forschungsdaten nachhaltig unter entsprechenden Lizenzen öffentlich verfügbar gemacht (Berg-Weiß et al. 2022). Mit dem Ziel, eine nationale Beratungs- und Austauschplattform zu PID aufzubauen, fördert die DFG seit 2023 das Projekt "PID Network Deutschland - Netzwerk für die Förderung von persistenten Identifikatoren in Wissenschaft und Kultur".
Die dauerhafte Aufbewahrung und Lesbarkeit von digitalen Objekten zu gewährleisten, stellt auch für Bibliotheken, die zunehmend für die Archivierung von Open-Access-Publikationen, Forschungsdaten und anderen elektronischen Ressourcen verantwortlich sind, eine große Herausforderung dar. Die sogenannte digitale Langzeitarchivierung (LZA) beinhaltet neben der Speicherung zusätzliche Maßnahmen wie die regelmäßige Überprüfung der Datenintegrität, die Migration der Daten auf neue Speichermedien und die Anpassung an sich verändernde Technologien. Digitale Informationen bleiben so langfristig erhalten und auch in der Zukunft zugänglich.
Bewahrt werden müssen der Bitstream der Datei sowie deren Eigenschaften und Semantik. Aktuell ist PREMIS in der LZA der wichtigste Metadatenstandard. Das Datenmodell beinhaltet alle Informationen, die man sowohl über die digitalen Objekte selbst (z. B. Name, Dateiformat, Größe) als auch über Akteur*innen, Rechte (z. B. AccessRights, Embargofristen) und Prozesse (z. B. Konvertierung, Migrationen, Reparatur, Formatvalidierung) wissen sollte.
Es gibt auf LZA spezialisierte Software wie Rosetta (ExLibris) oder Libsafe (libnova). Diese Systeme basieren meist auf dem international anerkannten Referenzmodell für digitale Archivierung OAIS (Open Archival Information System, ISO 14721:2012) und bieten neben den Standardfunktionen eines Archivsystems (z. B. bitstream-preservation, regelmäßige Integritätstests, Reduplizierung) auch Funktionen wie eine Format-Validierung und implementierbare Workflows.
Auf der Webpage COPTR - Community Owned digital Preservation Tool Registry - werden diese und zahlreiche weitere Tools und Workflows zur LZA vorgestellt. Als wichtige Anlaufstelle für Fragen rund um die digitale LZA dient außerdem das Kompetenznetzwerk nestor, dessen Geschäftsstelle an der DNB angesiedelt ist. Auch die NFDI behandelt "Long-term Archival (LTA)" in der Sektion "Common Infrastructures" als Querschnittsthema.
Einen allgemeinen Überblick zu Schnittstellen liefert das @sec-metadaten. Im Folgenden gehen wir etwas ausführlicher auf die wichtigsten Schnittstellen im Kontext forschungsnaher Dienste ein.
Im Bereich von Repositorien hat sich das Open Archives Initative Protocol for Metadata Harvesting (OAI-PMH) für den Austausch von Metadaten durchgesetzt. Dieses Protokoll wird inzwischen auch im Zusammenspiel mit anderen forschungsnahen Diensten wie z. B. FIS genutzt. Das Protokoll tauscht Metadaten in XML aus. Es unterstützt mehrere Metadatenformate, wobei die Spezifikation von OAI-PMH nur Dublin Core vorgibt und das Protokoll vorsieht, dass man eine Liste mit weiteren unterstützten Formaten abrufen kann.
Für das Einbringen von Daten in Repositorien hat sich das Protokoll Simple Webservice Offering Repository Deposit (SWORD) durchgesetzt, wobei auf die genaue Version dieses Standards geachtet werden muss. Einige Open-Access-Verlage bieten an, Dokumente über SWORD direkt in Repositorien zu übertragen. DeepGreen, ein Lieferdienst für Open-Access-Artikel, versorgt Repositorien über SWORD mit Verlagsinhalten.
Speziell für die Arbeit mit Bildern, Bildviewern und Bilddatenbanken wurde das International Image Interoperability Framework (IIIF) entwickelt. IIIF deckt umfangreich verschiedene Funktionen ab, wie die Ausgabe von Bildern in verschiedenen Formaten und Auflösungen oder Zoomstufen, die strukturelle Beschreibung von Bildern, Suchanfragen in einem Bildpool, Umgang mit Zugriffsbeschränkungen, Objektänderungen und so weiter.
OAI-PMH und SWORD werden zum Teil zwar auch über Repositorien hinaus verwendet, z. B. bei FIS. Verbreitung und Einsatz beschränken sich jedoch weitgehend auf den Bereich der forschungsnahen Dienste. Als weiter verbreitete Prinzipien zur Bereitstellung von Informationen muss Linked Data gesehen werden. Die Bereitstellung der Repositorieninhalte als Linked Data wird z. B. von DSpace unterstützt, in der Praxis jedoch leider noch viel zu selten aktiviert und genutzt.
Allgemein verbreiten sich derzeit REST-Schnittstellen, also Schnittstellen zur Einbindung von Diensten über das Internet in verschiedene Programme und Infrastrukturen. Auch forschungsnahe Dienste profitieren sehr von der Bereitstellung von REST-Schnittstellen, damit sie miteinander verschränkt und in andere Infrastrukturen eingebunden werden können.
Im Bereich von Repositorien, der in Bezug auf Schnittstellen und Standards oft Auswirkungen auf andere forschungsnahe Dienstleistungen hat, wurden von der Coalition of Open Access Repositories (COAR) weitere neue Protokolle vorgeschlagen. Hierzu zählt Signposting, das typisierte Links einsetzt, um von einer Ressource auf andere in Verbindung stehende Ressourcen zu verlinken und so die Auffindbarkeit durch Crawler und Bots erleichtern soll. Derzeit ist offen, ob Signposting sich durchsetzt. Wenn möglich, sollte sollte es in Repositorien aktiviert werden.
Eine aktuelle Entwicklung ist das Notify Project, das ebenfalls von COAR betrieben wird. Notify soll es ermöglichen, dass verschiedene forschungsnahe Dienste sich Nachrichten über Aktivitäten senden und so auf Ressourcen aufmerksam machen. Als Beispiele gelten automatisiert ablaufende Aktivitäten zwischen einem textuellen Repositorium und einem Forschungsdatenrepositorium oder zwischen einem Repositorium und einem Service für die Organisation des Peer-Reviewing. Notify hat vor allem in den USA eine größere Förderung erhalten und wird derzeit in Softwarelösungen für verschiedene forschungsnahe Dienste integriert. Es ist zu erwarten, dass Notify sich in diesem Bereich verankern und helfen wird, Dienste dynamischer miteinander zu verknüpfen.
Von diesen Entwicklungen wird auch die Veröffentlichung von Forschungsdaten profitieren. Bevor Daten allerdings in einem Zustand sind, dass sie veröffentlicht werden können, durchlaufen sie einen eigenen Lebenszyklus, bei dem unterstützende Dienste der Bibliotheken zunehmend gefragt sind.
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Eine Toolchain ("Werkzeugkette") ist eine Reihe von miteinander verbundenen Anwendungen und Technologien, die gemeinsam eingesetzt werden, um spezifische Aufgaben oder Arbeitsabläufe zu optimieren und zu automatisieren. Die Einrichtung einer Toolchain hilft, den reibungslosen Informationsfluss zwischen Arbeitsschritten zu verbessern.
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Forschungsnahe Dienste müssen immer im Kontext des Forschungsprozesses und im Hinblick auf den Nutzen für die Forschenden betrachtet werden. Dazu ist es wichtig, für jeden der Dienste, die an einer Einrichtung genutzt werden, ein klares Profil zu erstellen. Hierbei muss insbesondere geklärt werden, wie sich die Dienste voneinander abgrenzen, damit Nutzenden klar kommuniziert werden kann, welcher Dienst wofür verwendet wird.
Gleichzeitig muss auch das Zusammenspiel der einzelnen Dienste analysiert werden. Wie knüpfen die verschiedenen Dienste aneinander an? Wie kann der gebotene Mehrwert durch Verknüpfungen der Dienste gesteigert werden? Welche Dienste bauen wie aufeinander auf? Diese Fragen sind nur lokal und konkret zu vorhandenen oder in Planung befindlichen Diensten zu beantworten.
Beispiel: An einer Bibliothek findet in Zusammenarbeit mit Fachwissenschaftler*innen ein großes Retro-Digitalisierungsprojekt statt. Für die Verwaltung der Digitalisierungsvorgänge wird Kitodo verwendet. Die Werke sind im BMS verzeichnet und die Metadaten werden über die Search/Retrieve via URL-Schnittstelle (SRU) nach Kitodo importiert. Weitere Strukturdaten werden in Kitodo direkt eingetragen. Nach dem Scannen werden die Dokumente von Kitodo über die REST-API oder SWORD in das Repositorium exportiert. Das Repositorium ruft weitere Metadaten über SRU aus dem Bibliothekskatalog ab und vergibt DOIs, die wieder in das BMS zurückgespeichert werden. Das FIS harvestet die Inhalte über OAI-PMH regelmäßig und weist die Digitalisate nach, die im Repositorium bereitgestellt werden.
In diesem ideellen Bild wird nicht betrachtet, wo die nötigen Systeme stehen. Dies muss nicht immer ein lokal betriebenes System auf eigener Hardware sein, sondern ist oftmals als externer Service verfügbar.
Selbstverständlich ist es nicht bei allen Problemstellungen möglich, IT-Services für forschungsnahe Dienste im eigenen Haus anzubieten. Bei bereits etablierten Anwendungen lohnt sich eine Kontaktaufnahme mit der jeweiligen Verbundzentrale. Häufig werden dort bereits Services angeboten, für die man kein zusätzliches Personal bzw. keine eigene Infrastruktur einplanen muss. Wird die Verwendung einer bestimmten Software gefordert oder eine bestimmte Art, die Software einzusetzen, die nicht im Dienstleistungsportfolio der Verbundzentralen liegt, bietet sich die Zusammenarbeit mit externen, kommerziellen Dienstleistern an. Wo immer möglich, sollte Software von Open-Source-Communities Vorrang vor proprietärer Software genießen, da sie vor Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern schützt und Weiterentwicklungen, welche in die Community eingebracht werden, von anderen Einrichtungen wiederverwendet werden können. Vor allem im Bereich der forschungsnahen Dienste sind Open-Source-Lösungen oft vorherrschend. Ziel von Infrastruktureinrichtungen sollte es sein, das zu erhalten, anstatt den Aufbau proprietärer Software und neuer Oligopol- oder Monopolstellungen zuzulassen. Der Mehrwert, den IT-Dienstleister bieten, besteht ähnlich wie bei den Verbundzentralen darin, dass man selbst personelle und ggf. Infrastrukturressourcen sparen kann. In den meisten Fällen gibt es die Möglichkeit, entweder die Installation und Betreuung des Dienstes auf lokaler Infrastruktur oder auch ein "Rundum-Sorglos-Paket" mit Hosting beim Dienstleister inklusive Betreuung einzukaufen.
Bei der Wahl des Anbieters gilt es, auf dessen Erfahrung im Umgang mit Open-Source-Projekten allgemein und mit der gewünschten Software im Speziellen zu achten. Genau wie nach Referenzen zu vergleichbaren Projekten zu erkundigen, lohnt es sich, nach konkreten bereits geleisteten Beiträgen zu der jeweiligen Open-Source-Lösung zu fragen. Wenn die Open-Source-Lizenzen der jeweiligen Software keine Auflage machen, dass Weiterentwicklungen unter derselben Lizenz verbreitet werden müssen, sollte die Frage, unter welcher Softwarelizenz Weiterentwicklungen stehen, zwingend im Vertrag geklärt werden.
Besonders weit verbreitete Softwarelösungen haben große Entwicklergemeinschaften, die es einerseits zu unterstützen gilt, andererseits auch die Community-getriebene Entwicklungsrichtung der Software zu beachten ist. Ist der gewünschte Dienstleister noch neu, ist zumindest eine anderweitige Erfahrung in ähnlichen Projekten wünschenswert. Eine Recherche in öffentlichen Software-Repositorien der Projekte kann hier zielführend sein.
Forschungsnahe Dienste können Wissenschaftler*innen grundsätzlich über den gesamten Forschungsprozess hinweg unterstützen -- das Portfolio möglicher Services ist daher sehr groß. Bibliotheken setzen ihren Schwerpunkt hierbei insbesondere auf Services zur Unterstützung des Publikationsprozesses sowie des FDM.
Selbstverständlich ist es nicht bei allen Problemstellungen möglich, IT-Services für forschungsnahe Dienste im eigenen Haus anzubieten. Bei bereits etablierten Anwendungen lohnt sich eine Kontaktaufnahme mit der jeweiligen Verbundzentrale. Häufig werden dort bereits Services angeboten, für die man kein zusätzliches Personal bzw. keine eigene Infrastruktur einplanen muss. Beispiele hierfür sind der Repository-Service Reposis des GBV oder das Langzeitarchiv Ewig des KOBV. Die Frage nach der Umsetzung von Diensten mit externer Hilfe allgemein im @sec-management behandelt.
Wie das vorliegende Kapitel gezeigt hat, umfassen diese Services auch eine Vielzahl an IT-Diensten, so z. B. Journal-Publishing-Systeme, Repositorien und FIS. Der stabile und nachhaltige Betrieb solcher Dienste umfasst technische, organisatorische und inhaltliche Aspekte. Der Aufbau und Betrieb forschungsnaher Dienste an Bibliotheken bindet daher umfangreiche Ressourcen und erfordert ggf. auch eine Verlagerung von Ressourcen aus anderen Bereichen. Die Ausweitung des bibliothekarischen Serviceportfolios um forschungsnahe Dienste ist daher auch eine Frage der Organisations- und Personalentwicklung.